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Tinnitus entsteht zwischen, nicht in den Ohren

By 19. November 2017Januar 4th, 2018Allgemein

Viele Menschen klagen über Ohrgeräusche und mehr als ein Viertel aller Menschen in Europa und den USA haben bereits einmal Tinnitussensationen erlebt. Wenn diese chronisch werden, sind geeignete Behandlungsangebote dünn gesät und die wenigsten Patienten werden fündig.

In der Regel wird zunächst medizinisch abgeklärt, welche Störungen einem akuten Tinnitus zugrunde liegen und wenn möglich, werden diese behandelt. Für das Akutstadium stehen einige Therapien zur Auswahl, die sehr oft erfolgreich sind. Wenn sich allerdings nach etwa drei Monaten keine Besserung eingestellt hat, wird es auf der physischen Ebene schwierig und so langsam gerät der Fokus auf die persönlichen Stressverarbeitungsmechanismen des Patienten. Der Tinnitus droht chronisch zu werden und die Chancen, ihn wieder auszuschalten gehen gegen Null. Für die allermeisten Menschen beginnt nun die sogenannte Habituisierung, das heißt die Ohrgeräusche werden zwar nicht weniger, aber sie geraten in den Hintergrund und gelangen nicht mehr oder nur noch sehr selten durch den Aufmerksamkeitsfilter. Dann gibt es kein, zumindest kein unmittelbares, Problem. Die Belastungen durch den Tinnitus und damit der eigentliche Krankheitswert entstehen erst durch eine kortikale und emotionale Verknüpfung, so dass die Tinnituswahrnehmung zum Symptom wird, nicht der eigentliche Tinnitus selbst. Wenn das Ohrgeräusch mit einer besonderen Bedeutung belegt wird, kann sich also daraus eine eigenständige Erkrankung entwickeln: Die Hörsensation wird mit emotionalen Anteilen verquickt und das führt zu einer negativen Bewertung, was wiederum zu einem negativen Kreislauf führt.

Interessanterweise untersuchen Klienten im Coaching gemeinsam mit dem Coach ähnlich ablaufende Mechanismen: Unliebsam einschneidende Ereignisse in der Vergangenheit führen zu plastischen Veränderungen im Gehirn, wenn diese mit der zugehörigen emotionalen Bewertung  vernetzt werden. Im weiteren Verlauf des oft nicht zufrieden stellenden Lebens werden diese durch konsekutive Hinwendungsreaktionen verschaltet und verstärkt und es entsteht ein Negativkreislauf, der als solcher aber nicht wahrgenommen wird. Auf diese Weise wird eine Integration in das ursprünglich positive Gesamterleben verhindert. Man beginnt zu leiden, sieht sich in seiner Lebens- und Gestaltungsfähigkeit eingeschränkt, die Bewertung früherer Ereignisse und die damit zusammenhängenden negativen Schlussfolgerungen dominieren den Betroffenen. Im Coaching können derartige Zusammenhänge aufgedeckt werden und es wird deutlich, welche Funktion bestimmte Lebensereignisse und Krisen innerhalb des eigenen inneren Systems bis dahin hatten. Dann wird auch ein Auflösen dysfunktionaler Muster möglich, einhergehend mit der Bildung neuer neuronaler Strukturen.

Bezogen auf  Tinnitusbeschwerden ist die Frage, wie es einigen Menschen gelingt, sich innerlich wieder vom Ereignis Tinnitus abzuwenden und ihn nicht dauerhaft als quälend wahrzunehmen, während andere aus einem organisch harmlosen Vorkommen ein krisenhaftes Leid entwickeln. Die Erfahrung im Coaching zeigt, dass sich bei Tinnitus-Patienten durch die Auflösung mental-emotionaler Grenzen im Inneren der Leidensdruck vermindert oder sogar endet und die Lebensqualität sich wieder deutlich erhöht.

Es scheint schlüssig, dass vom Coaching gerade Tinnitus-Patienten profitieren, denn durch das Auflösen stark negativer Bewertungen von Ereignissen fehlt dem Tinnitus das negative Vernetzungskorrelat, so dass die Möglichkeit eröffnet wird, dass dieser durch positive neue Strukturen verblasst und die subjektive Überforderung überwunden und neue Handlungs- und Wahrnehmungsspielräume erschlossen werden können.